Der delegierende Führungsstil folgt dem autoritären, dem kooperativen und dem relationären Führungsstil entsprechend dem Entwicklungsstand des Mitarbeiters.
Wesen des delegierenden Führungsstils
Delegierend zu führen bedeutet, dass der Mitarbeiter nahezu alleinige Entscheidungsgewalt hat und sein Arbeitsgebiet selbständig gestaltet. Die Führungskraft zieht sich auf die Position der Delegation zurück und greift nur minimal steuernd ein.
Aufgaben werden von den Mitarbeitern eigenverantwortlich enderledigt. Die Beziehung zur Führungskraft ist faktenbezogen und vollumfänglich lösungsoriertiert. Die Aufgabe der Führungskraft besteht darin, Ergebnisse einzufordern.
Mitarbeiter nutzen beim delegierenden Führungsstil ihre Freiräume vollständig, um sich selbst zu verwirklichen. Sie tragen die alleinige Verantwortung für die Ergebnisse ihres Arbeitsbereiches. Die Gesamtverantwortung für die Teamergebnisse liegt weiterhin bei der Führungskraft.
Unterschied und Gemeinsamkeiten zu anderen Führungsstilen
Der delegierende Führungsstil ist wie der autoritärer Führungsstil faktenorientiert. Die Erledigung der Arbeit steht bei diesen Führungsstilen im Vordergrund. Dabei darf aber nicht angenommen werden, dass Führungskraft und Mitarbeiter nicht in Beziehung zueinander stünden, lediglich der Aspekt der Arbeitserledigung steht im Vordergrund.
Im Unterschied dazu sind der relationäre und der kooperative Führungsstil beziehungsorientierte Führungsstile. Das bedeutet, dass beide auf einer intensiven Beziehung, Beschäftigung und dem Austausch zwischen Führungskraft und Mitarbeiter beruhen.
Situationen für den delegierenden Führungsstil
Der delegierende Führungsstil findet auf höheren Ebenen Anwendung und in Situationen statt, in denen die Mitarbeiterreife ihren Höhepunkt erreicht hat. Der Mitarbeiter agiert in seinem Arbeitsgebiet völlig eigenständig und wird nicht von der Führungskraft in ihrem Tun eingeschränkt.
Der Mitarbeiter trägt oftmals Budget- und Umsatzverantwortung und bekleidet seinerseits auch oft eine Führungsposition. Der Kontakt zur Führungskraft beschränkt sich auf wesentliche Inhalte und das Reporting der Ergebnisse.
Die Aufgabe der Führungskraft besteht in der Festsetzung und Kommunikation der allgemeinen Strategie. Die Führungskraft zieht sich auf die Rolle des Enablers zurück. Ihre Aufgaben sind in erster Linie die Mitarbeiter mit Informationen zu versorgen und für ein positives Standing des Teams zu sorgen.
Für wen eignet sich der delegierenden Führungsstil
Mitarbeiter
Mitarbeiter, die für den delegierenden Führungsstil geeignet sind, sind oftmals selbst Führungskräfte.
In anderen Fällen handelt es sich um hoch qualifizierte Experten, deren Wissen und Know How dem der Führungskraft ähnlich sind. Sie verfügen über umfangreiches Fachwissen, Know How und Erfahrung. Beispiele sind Key Account Manager, Projektleiter, Produktmanager, Entwickler, High Potentials aber auch Filialleiter und sonstige Positionen, deren Inhaber selbstständig agieren.
Der Führungsstil eignet sich jedenfalls nicht für Mitarbeiter, die unter Erwartung performen. Die Ursache dafür kann sowohl Unvermögen als auch mangelnder Wille sein.
Führungskraft
Die Führungskraft gibt beim delegierenden Führungsstil die inhaltliche Verantwortungen für das Themengebiet völlig ab. Oftmals verfügt sie auch nicht über das Ausmaß des inhaltlichen Know How’s über das der Mitarbeiter verfügt. Ihre Aufgabe erschöpft sich im Festsetzen und Kommunizieren der Gesamtstrategie des gesamten Teams oder Themenbereiches.
Problemfall: Experten
Besonders häufig werden Experten zu Führungskräften gemacht. Oft zeigt sich aber, dass gerade Experten schon nicht in der Lage sind, den relationären und somit auch nicht den delegierenden Führungsstil anzuwenden. Manchmal liegt es daran, dass sie – weil sie ja die Experten sind – operativ nicht loslassen können und ihren Mitarbeitern zudem nicht das Vertrauen schenken, dass diese in der Lage wären, Arbeiten ebenso gut zu erledigen.
Zusätzlich ist der Experte oft das beste Pferd im Stall und liefert erwiesener Maßen die besten Ergebnisse. Man möchte auf seine operative Arbeit nicht verzichten, ihm aber Möglichkeiten zum persönlichen Aufstieg geben. Da sie unternehmensintern weiterhin als Experten ihres Faches angesehen werden, überträgt man ihnen weiter operative Aufgaben und nennt sie als alleinige Ansprechpartner. Der Experte bleibt damit zur Gänze in die operative Aufgabe eingebunden und sollte zusätzlich das Team führen. Eine Konstellation, die von vornherein zum Scheitern verurteilt ist und mit Sicherheit viele Experten in völlige Überlastung treibt.
Nachteile des delegierenden Führungsstils
Führt eine Führungskraft alle Mitarbeiter unabhängig ihres Entwicklungsstandes immer im delegierenden Stil, so kommen nur die Mitarbeiter mit, die über ein hohes Maß an Know How, Erfahrung und Selbstorganisation verfügen. Insbesondere neue Mitarbeiter bleiben auf der Strecke, wenn kein anderes Teammitglied ihre Einarbeitung übernimmt.
Da sich der Führungsstil nicht für Zeiten großer Veränderung eignet, kann es dazu kommen, dass Mitarbeiter sich alleingelassen fühlen, wenn die Führungskraft zu wenig spürbar ist.
In welchen Situationen empfiehlt sich der delegierende Führungsstil
Der delegierende Führungsstil ist nach seinen Begründern Hersey und Blanchard (1977) ein Führungsstil für Ruhezeiten. Damit ist gemeint, dass ein stabiles Arbeitsumfeld, stabile Prozesse und Strukturen vorliegen.
Der delegierende Führungsstil eignet sich besonders im Arbeitsalltag. Mitarbeiter wissen in der Regel, was zu tun ist, kennen Arbeitsprozesse und Ansprechpartner und sind aufgrund ihres Know Hows und ihrer Netzwerke in der Lage, Lösungen und Arbeitsschritte selbstständig zu erledigen.
Der delegierende Führungsstil eignet sich aber nicht in Krisenzeiten, in Zeiten, wo sich Strategien, Prozesse, Strukturen oder sonstige Aspekte verändern, die Grundlage für die Erledigungen durch den Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin sind. Selbst wenn die Mitarbeiter bereits viele Jahre im Unternehmen sind und ihnen die Prozesse und Ansprechpartner bekannt sind, muss die Führungskraft dann in den autoritären Führungsstil switchen, wenn sich Aspekte der Arbeitserledigungen gravierend verändern.
Delegierender Führungsstil und VUCA
Häufig liest man, dass VOPA+ (Vernetzung, Offenheit, Partizipation, Agilität, Vertrauen) ein neuer und der einzig „richtige“ Führungsstil in der heutigen VUCA (Volantilität, Uncertainity, Complexity, Ambigity) Welt ist. Wenn auch ich zustimme, dass es erforderlich ist, Mitarbeiter nach dem VOPA+ Prinzip zu führen, um das Potential der Mannschaft in ihrer Gesamtheit zu heben, sehe ich die Situation differenzierter.
Besonders in unserer schnelllebigen Zeit muss meines Erachtens eine Führungskraft weiterhin situativ den geeigneten Führungsstil der für den jeweiligen Mitarbeiter am besten passt, anwenden. Es muss ihr gelingen, Situationen und Mitarbeiterbedürfnisse rasch zu analysieren und dementsprechend adäquat zu führen. Denn meines Erachtens ist es ein Irrtum, dass mit einem Schlag alle Mitarbeiter nur mehr nach dem VOPA Prinzip geführt werden können.
Dieser Irrtum ist schon alleine deshalb evident, als Führungskräfte mittlerweile mit vier sehr unterschiedlich tickenden Mitarbeitergenerationen zu tun haben. Neben den Baby Boomern, der Generationen x und y drängen bereits Vertreter der Generation z auf den Arbeitsmarkt. Alle brauchen meines Erachtens individuelle Führung.
Daher glaube ich persönlich, dass dieser neue Führungsstil die bisher bekannten ergänzt.
Dieser Beitrag ist einer von vieren, die allesamt auf dem Führungsstile – leicht erklärt basieren.