Studien 1)2) belegen, dass 41% aller befragten Mitarbeiter mit ihren Führungskräften unzufrieden sind. 43% gaben sogar an, wegen der Führungskraft schon einmal ein Unternehmen verlassen zu haben.
Höchste Zeit also Führung bzw. Führungsstile neu zu hinterfragen.
Globalisierung und Digitalisierung erfordern daher auch in der Führung neue Wege als sie in den 80ern des vorigen Jahrhunderts passend waren.
Denn die Schnelllebigkeit und permanente Veränderung führen dazu, dass es immer weniger Ruhezeiten gibt. Nach Hersey und Blanchard würde das bedeutet, dass bei der situativen Führung alle Mitarbeiter in der Arbeitswelt 4.0 ausschließlich autoritär und kooperativ zu führen wären. Das würde aber dazu führen, dass das Bestreben von Mitarbeitern nach Selbstverwirklichung und Erfolgserreichung vollständig gehemmt würde, was wiederum Innovationen verhindern würde. Ein Zustand, der ein Unternehmen auf schnellstem Weg in den Ruin treiben würde.
Mit VOPA+ hat der Begründer Dr. Willms Buhse einen Führungsstil beschrieben, der die Führungserfordernisse der digitalen Welt beschreibt, der im wesentlichen darauf beruht, dass Führungskräfte Vernetzung unter den Mitarbeitern zulassen und fordern müssen, die Offenheit mitbringen müssen, um Raum für Experimente und eventuelles Scheitern zu geben, Partizipation unter Mitarbeitern fördern müssen und agil handeln müssen. Ausführlicher dazu lesen Sie in meinem Beitrag VOPA+.
Der evolutionäre Führungsstil
Eine Vielzahl von modernen Autoren erkannten mit dem evolutionären Führungsstil die Notwendigkeit eines neuen Führungserfordernisses als Antwort auf die VUCA Welt. Auch nach ihnen bedarf es eines Führungsstils der schnelle Reaktionen auf Veränderung durch Selbstorganisation möglich macht.
Der evolutionäre Führungsstil muss die geortete Überforderung der Führungskräfte beenden, der erhöhten Diversität der Mitarbeiterschaft entsprechen und immer mehr Aktionen auf Augenhöhe von Vorgesetztem und Mitarbeitern schaffen, egal, in welchem Reifegrad diese sich gerade befinden. Führungskräfte seien nämlich nach einigen Autoren4) mit der situativen Führung überfordert.
Der agile Führungsstil
Die agile Führung ist mittlerweile ebenso in aller Munde. Sie ist ebenso Antwort auf das Erfordernis der Unternehmen, sich an Veränderungen maximal schnell anpassen zu können.
Der agile Führungsstil unterstützt Mitarbeiter gemeinsam, die besten Lösungen für Herausforderungen zu finden. Führungskraft und Mitarbeiter agieren dabei auf Augenhöhe. Zentrale Werte der agilen Führung sind Offenheit für Neues, Kommunikation und flache Hierarchien.
Gemeinsamkeiten der neuen Führungsstile
VOPA, der evolutionäre und der agile Führungsstil haben im Kern alle gemeinsam, dass Führungskräfte nicht mehr die ausschließliche Quelle der Kompetenz sind. Vielmehr gehen alle drei Theorien davon aus, dass Mitarbeiter gemeinsam durch ein Maximum an Vernetzung neue Lösungen für neue Probleme finden sollen.
Meines Erachtens handelt es sich bei allen drei Führungsstilen nur um unterschiedliche Begrifflichkeiten, die alle das gleiche Thema beschreiben.
Eigener kritischer Standpunkt
Alle genannten Führungsstile der Arbeitswelt 4.0 basieren auf der Annahme, dass alle Mitarbeiter in gleichem Maße willens sind, sich zu vernetzen und, dass alle das Know How besitzen, Agenden selbstständig zu erledigen und Lösungen eigenverantwortlich, selbstständig und selbstverantwortlich zu finden. Dies trifft meines Erachtens nur dann zu, wenn eine Führungskraft ausschließlich Fachexperten führt, die allesamt das Know How besitzen, selbständig zu agieren.
Genau daran knüpft meine Kritik.
Am Beispiel von Corona und den damit von einen Tag auf den anderen geforderten Medienkompetenzen wurde deutlich sichtbar, dass nicht alle Mitarbeiter über den gleichen Ausbildungsstand und das gleiche Know How verfügten, um von einem auf den anderen Tag in die digitale Arbeitswelt zu switchen.
Die komplette Veränderung der Führungsarbeit in einen Führungsstil die allen Mitarbeitern auf Augenhöhe begegnet, ist meines Erachtens Theorie, denn es wird immer Mitarbeiter geben, die aus Schule oder Studium kommen und ins Unternehmen eingeführt werden müssen und daher zumindest eine Zeit lang autoritär zu führen sind.
Genauso wird es meines Erachtens noch lange Mitarbeiter geben, die ihre Selbstverwirklichung nicht ausschließlich in der Arbeit erfahren, sondern diese als Mittel zum Broterwerb sehen und daher nicht die Flexibilität und den Enthusiasmus aufbringen, autonom zu arbeiten. Eventuell wird ja deren Existenz mit der immer lauter werdenden Forderung nach dem bedingungslosen Grundeinkommen beendet.
Ausblick auf die neue Führung
Die intensive und langjährige Auseinandersetzung mit dem Thema Führung und Leadership bringt mich zu ähnlichen Ergebnissen, wie viele andere Leadershipexperten.
Ich glaube allerdings im Unterschied zu manchen Autoren4) , dass mehr denn je situativ geführt werden muss.
Deshalb reiht sich aus meiner persönlichen Sicht, der neue Führungsstil, welchen Namen er auch immer tragen mag, lediglich als weiterer Stil in das Modell der situativen Führung ein.
Fazit
Quellen: 1) StepStone Umfrage Herbst 2019 2) Deloitte Studie (2019) 3) Gablers Wirtschaftslexikon online 4) z.B. Ulrich Grannemann