Was ist New Work?
Unter New Work versteht man die Gesamtheit aller denkbaren modernen Formen der Arbeit.
Es ist ein Trend, der durch Digitalisierung, Globalisierung und immer rasanter werdenden technischen Wandel geprägt ist.
Auslöser für diesen Trend sind nicht zuletzt veränderte Ansprüche neuer Generationen an das Leben selbst und die Arbeitswelt.
VUCA, VOPA, agile Methoden, Teleworking, Job- und Topsharingmodelle, Desksharing etc. sind Begriffe, die in den letzten 20 Jahren aufgetaucht sind und Antworten auf die rasanten Veränderungen unserer Zeit darstellen. Sie alle sind Beispiele für New Work Modelle.
Geschichte von New Work
Der Begriff New Work wurde schon in den 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts durch den Sozialphilosophen und Anthropologen Frithjof Bergmann geprägt.
Seine Auseinandersetzung mit dem Kapitalismus inspirierte ihn zu einem Gegenmodell, das er bereits New Work nannte. Das „Center of New Work“, das er angesichts der drohenden Massenarbeitslosigkeit bei General Motors gründete, sollte dazu dienen, mit den Mitarbeitern neue Jobperspektiven zu erarbeiten.
Bergmann setzte sich insbesondere mit dem Begriff der Freiheit intensiv auseinander und kritisierte die Lohnarbeit, die die Handlungsfreiheit des Menschen einschränke.
Wesentliche Werte der New Work sollte nach seiner Ansicht die Konzentration des Menschen auf Selbstständigkeit, Freiheit und Teilhabe an der Gemeinschaft sein, welche ihm, daraus resultierend, das Maximum an Freiheit ermögliche.
Dies sei allerdings erst dann möglich, wenn sich der Mensch primär der Lohnarbeit entziehe, sie auf ein finanziell notwendiges Minimum reduziere und sich sowohl auf Eigenproduktion (durch eigene oder jener der Gemeinschaft) als auch auf die Selbstverwirklichung durch Tätigkeiten, die er „wirklich, wirklich gerne tut“ konzentriere.
Entwicklung von New Work
Ausgelöst wird jeder Trend, der die neue Auffassung von Gesellschaft, Wirtschaft oder Technologie widerspiegelt und eine neue Bewegung bzw. Marschrichtung auslöst, durch Veränderung derselben.
Beschleuniger des Trends New Work sind jedenfalls plötzlich auftretende Ereignisse, die flexibles Handeln erfordern, wie wir sie in der Corona Krise erfahren haben. In der Folge ergibt sich oftmals ein neuer Push, der durch Kosteneinsparungsinteressen (z.B. freie Büroflächen) von Unternehmen ausgelöst wird.
Innerhalb von Organisationen
Besonders die Digitalisierung erfordert – wenig überraschend – die Veränderung von Geschäftsprozessen und die Definition neuer Wertschöpfungs- und Lieferketten.
Auch der Wandel der Generation, die Globalisierung und Demografie unserer Gesellschaft erfordert in vielerlei Hinsicht Anpassung in Unternehmen. Sie betreffen das Führungsverhalten (VOPA), die Unternehmenskulturen und das Management von Unternehmen und Organisationen generell.
Außerhalb von Organisationen
Ausgelöst durch andere Trends, wie z.B. Umweltschutz, ein verändertes Ernährungs- und Körperbewusstsein oder die Nutzung von Social Media verändert sich das Konsumverhalten und der jeweilige Markt.
Dabei gilt, je kurzlebiger der Trend, desto kurzlebiger werden auch Produktionszyklen von Unternehmen. Einhergehend mit permanentem technischen Wandel werden Abläufe in Unternehmen immer komplexer und immer weniger planbar.
Wandel der Gesellschaft
Mit der Industrialisierung veränderte sich die Arbeitswelt zur Erwerbsgesellschaft, in der Arbeit mit Einkommen verbunden war. Der wirtschaftliche Aufschwung führte zur Konzentration auf Karriere und Wohlstand.
Für neue Generationen stellt dieser Wohlstand oft ein Selbstverständnis dar, weshalb sich auch der Blick dieser Generationen auf den Sinn des wirtschaftlichen Schaffens verändert hat.
Der Anspruch an die heutige Arbeitswelt ist nicht mehr in erster Linie der Erwerbszweck sondern ein sinnstiftender. Zusätzlich verleiht der drohende Ressourcenmangel an natürlichen Rohstoffen der Erde der – im Regelfall geringer entlohnten – Care-Arbeit im Umweltbereich einen Attraktivitätspush.
Diese Bewegungen gepaart mit der Tatsache, dass sich das heutige Leben immer weniger in Arbeit und Freizeit unterteilen lässt, entkoppeln letztlich den Begriff Arbeit vom Erwerb.
Die fünf Prinzipien von New Work
Der Wandel der Gesellschaft stellt nunmehr Unternehmen vor die Frage, welche Probleme und Zukunftsaufgaben Produkte und Dienstleistungen lösen können müssen.
Denn nur wer diese Antwort geben kann, und sie in seinem Unternehmensimage präsentiert, lockt auch Arbeitnehmer an, die auf der Suche nach sinnvoller Betätigung sind.
Aufbauend auf Bergmanns grundlegenden Gedanken, gekoppelt mit den Ansprüchen neuer Arbeitsgenerationen, erfordert New Work nach aktuellen Strömungen die Umsetzung bzw. Förderung nachfolgender Aspekte in Unternehmen, die den Veränderungen damit Rechnung tragen müssen, um wettbewerbsfähig und erfolgreich bleiben zu können.
Freiheit
Flexible Arbeitszeiten
Da das heutige Leben immer mehr als die Summe aller Tätigkeiten betrachtet wird, sei es, dass sie aus Interesse, Pflicht oder Freude verrichtet werden, sei es, dass sie ehrenamtlich oder entgeltlich geschehen, steigt das Bedürfnis nach harmonischen Gestaltungsmöglichkeiten von bzw. für Freizeit und Arbeit.
Work-Life-Blending (Verschmelzung von Lebens- und Arbeitswelt) ist daher das neue Lebensmotto anstelle von Work-Life-Balance (Ausgleich zwischen Lebens- und Arbeitswelt). Durch die Verschmelzung der beiden Welten können private Bedürfnisse in den Tagesablauf integriert werden, ohne Spannungen zu erzeugen.
Hinsichtlich der Arbeitszeit werden auch die Rufe nach der vier-Tage-Woche und dem 6 Stundentag immer lauter.
Flexible Arbeitsorte
Neben flexibler Arbeitszeit ist auch der Arbeitsort einem radikalen Wandel ausgesetzt. Dabei hat Corona gezeigt, dass auch Remote Work großflächig funktioniert.
Diese Erkenntnis hat Unternehmen und Führungskräften gezeigt, dass Mitarbeitende die Freiheit im Home Office gerne nutzen und dabei auch produktiv sind. Das für das Home Office erforderliche Vertrauen wurde durch die Pandemie erzwungen.
Unternehmen haben erkannt, dass das Arbeiten im Home Office mehrheitlich die Motivation der Mitarbeitenden steigert, was den Unternehmen in steigender Produktivität und Effizienz zugute kommt.
Braucht es noch Büros?
Die schon vor der Pandemie in manchen Unternehmen gelebten Teleworking- und Remote-Arbeitsmodelle stellten Unternehmen vor die Frage, ob die Büros noch gebraucht würden.
Damit wurde auch ein Kosteneinsparungspotential erkannt, weshalb viele aufgrund dessen Büroflächen reduziert und Desk Sharing Modelle eingeführt haben. Während Corona sahen sich schließlich Unternehmen im großen Stil mit menschenleeren Büroflächen konfrontiert.
Es zeigte sich allerdings nach den Lock Down Phasen bei vielen Mitarbeitenden, dass der auf virtuelle Kontakte zu den Kollegen reduzierte Umgang auf der zwischenmenschlichen Ebene zu Defiziten führte und insbesondere das Teamgefühl unter der Abwesenheit leidet.
Somit veränderten sich die Anforderungen an „das Büro“.
Es dient nicht mehr der täglichen Arbeitserledigung, sondern befriedigt in der neuen Arbeitswelt den Bedarf nach einem „Wir-Gefühl“ der Belegschaft.
Dieser Umstand trifft mit dem nächsten Erfordernis von New Work glücklich zusammen.
Selbstverantwortung
Neue Herausforderungen erfordern nämlich kreative Lösungsansätze, die in unserer komplexen Arbeitswelt von vielen unterschiedlichen Disziplinen beigesteuert werden müssen.
Der Arbeitsablauf erfolgt immer häufiger in Projekten inhomogener Know How Träger Gruppen.
Daraus resultiert die Notwendigkeit der Partizipation der Disziplinen untereinander. Diese nötige Team-, Abteilungs- und Bereichsgrenzen übersteigende Mitwirkung erfordert allerdings auch den Raum für Begegnungen und eine gesteigerte Ressourcen- und Budgetfreiheit.
Die Notwendigkeit der physischen Verbindung wird bereits in vielen Unternehmen durch neue Zonen realisiert, die es gestatten, sich real aber auch virtuell mit anderen Kollegen zu verbinden.
Begegnungszonen können durch frei gewordene Büroflächen leicht realisiert werden und bieten Raum für Co-Working und Co-Creation.
Auch der Nutzung neuer Medien hat die Pandemie 2020 einen gewaltigen Push verliehen. Auf das vielerorts anfängliche Improvisieren folgte stetig eine Normalisierung. Die Nutzung digitaler Ressourcen hat sich mittlerweile in den meisten Unternehmen in den Arbeitsalltag eingefügt.
Sinn
Immer mehr rückt der Sinn der Tätigkeit in unser Bewusstsein, wenn die Arbeit vom Erwerbszweck entkoppelt wird.
Selbstbestimmung und Selbstverwirklichung sind die Faktoren, die in der Arbeitswelt 4.0 den Job bestimmen, den man machen möchte.
Das Selbstbewusstsein neuer Generationen zwingt auch die Unternehmen einerseits den Sinn ihres eigenen Daseins zu belegen und zu transportieren, andererseits können sie sicherer sein als in der Vergangenheit, dass Mitarbeitende das was sie tun auch wirklich gerne machen. Andernfalls suchen sie sich rasch was Neues.
Die moderne Arbeitswelt zwingt Unternehmen, bezüglich ihrer Identität nicht nur ihre finanzielle sondern auch ihre wirtschaftliche und kulturelle Wertschöpfung zu benennen.
Entwicklung
Innovation wird im Zusammenhang mit den Veränderungen groß geschrieben.
Unternehmen sind von kreativen und innovativen Mitarbeitenden abhängig, um rasche Lösungen zu finden. Dieses Wissen darf aber nicht nur dem Einzelnen zur Verfügung stehen, sondern muss innerhalb des Unternehmens verteilt werden.
Diesem Umstand tragen viele Unternehmen Rechnung, indem sie Lern- und Wissensplattformen implementieren und Mitarbeitende anregen, sich auch persönlich ständig weiter zu entwickeln.
Um neue Wege gehen zu können, ist es erforderlich, dass auch Fehler akzeptiert werden. Dafür bedarf es einer neuen Fehlerkultur, die wahrscheinlich besonders in Unternehmen die langjährig auf Kosteneinsparungspotentiale und Qualitätssicherung zur Fehlervermeidung gesetzt haben, eine Herausforderung darstellt.
Somit bedarf es auch einer Entwicklung und permanente Erneuerung der Denkkultur in Unternehmen, zumal in der modernen Arbeitswelt monotone und sich wiederholende Arbeitsvorgänge immer häufiger von Maschinen erledigt werden und sich der Mensch immer stärker auf das Finden von kreativen und innovativen Ideen konzentriert.
Soziale Verantwortung
Die Arbeitswelt der Zukunft erfordert immer mehr ein Bewusstsein des nachhaltigen und ökologisch sinnvollen Wirtschaftens. Die wirtschaftliche Wertschöpfung muss daher insbesondere einen sinnvollen Umgang mit Ressourcen und den Schutz der Umwelt berücksichtigen.
New Work Organisationen bzw. Unternehmen sind sich auch ihrer Verantwortung gegenüber der Gesellschaft und dem Leben der Menschen bewusst und fördern Regionales.
Besonders in einer Zeit von sich überholenden Korruptionsvorwürfen und dem Fokus auf ehrbare Handlungen, ist es die Pflicht eines Unternehmens die Geschäftsgebarung transparent zu kommunizieren.
Vor- und Nachteile von New Work
Veränderung bringt immer nicht nur Vor- sondern auch Nachteile mit sich.
Daher empfiehlt sich eine geplante strukturierte Umsetzung von New Work in den Organisationen.
Vorteile
Neben der bereits genannten Vorteile der Steigerung von Motivation, Effizienz und daraus resultierend erhöhter Produktivität ergeben sich nicht zuletzt durch verstärkte Vernetzung neue Jobchancen und Tätigkeitsbereiche für den Einzelnen.
Durch die Flexibilität von Arbeitsort und Arbeitszeit ergeben sich auch im Privatleben neue Chancen, was den Wohnort bzw. auch den vorübergehenden Lebensmittelpunkt (Stichwort „digitale Nomaden„) anbelangt. Besonders für Paare, die ursprünglich aus unterschiedlichen Ländern kommen, ergeben sich privat neue flexible Konstellationen für ihren Lebensmittelpunkt.
Durch die gesteigerte Selbstverantwortung ist innerhalb des Unternehmens mit einer offenen und auch transparenten Kommunikation auf Augenhöhe zu rechnen.
Disziplinübergreifende Projekte durchbrechen Hierarchien und Teamgrenzen und sorgen damit zu einer stärkeren Vernetzung in Unternehmen, was kürzere Informationswege mit sich bringt.
Nachteile
New Work verlangt ein effizientes und eigenverantwortliches Zeit- und Selbstmanagement des Einzelnen, was nicht jedermanns Sache ist. Diesbezüglich ist die Führungskraft gefordert, ihre Mitarbeitenden richtig einzuschätzen und gezielt Maßnahmen zur Unterstützung einzusetzen.
Work-Life-Blending erfordert ebenso gesteigerte Selbstverantwortung und Selbstmanagement. Da Privates auch tagsüber erledigt werden kann, steigt auch der Druck, ständig für das Unternehmen erreichbar zu sein. Der Einzelne ist gefordert, selbst für Entspannung zu sorgen.
Mit der Digitalisierung und der räumlichen Distanz zum Unternehmen wird die Arbeit stärker individualisiert. Dieser Umstand kann vor allem bei Mitarbeitenden, die nicht in kreativen Lösungsfindungsprozessen arbeiten, zur Vereinsamung führen. Auch dieser Umstand muss von den Führungskräften bewusst gedacht und gesteuert werden.
Die physische Loslösung vom Unternehmen führt aber auch zu einer weniger starken Bindung zum Unternehmen. Besonders die Identifizierung mit dem Unternehmen und das Zugehörigkeitsgefühl zu einem Team sind wesentliche Faktoren, die Mitarbeitende an ein Unternehmen binden.
Es bleibt abzuwarten, ob es Unternehmen gelingt, diese Faktoren zu kompensieren.
Starre Prozesse, die oftmals auf gesetzlichen Vorgaben beruhen, sind ein Hemmnis für Innovation. Unternehmen stehen daher mitunter vor der Herausforderung, die Balance zwischen diesen Vorgaben und Prozessen und der erforderlichen Flexibilität zu halten.
Was erwartet uns in der Zukunft?
Die Arbeitswelt 4.0 ist durch den verstärkten Einsatz von Künstlicher Intelligenz („KI“) oder Artificial Intelligence („AI“) gekennzeichnet.
Mit der ständig wachsenden Rechenleistung steigen auch die Einsatzmöglichkeiten von KI. Nicht überraschend ist daher, dass immer mehr Arbeitsprozesse automatisiert, und vor allem wenig kreative Jobs ersetzt werden.
Für die Unternehmen der Zukunft wird vor allem der Einsatz von Eigenschaften entscheidend sein, die nicht durch KI ersetzt werden können: Kreativität, Intuition und Empathie.
Fazit
New Work ist ein Trend und ein Sammelbegriff für alle modernen Arbeitsweisen, die in ihrem Wesen Mitarbeitenden mehr Freiheit, Selbstverantwortung und Sinn versprechen. Unternehmen die auch in Zukunft wettbewerbsfähig und erfolgreich am Markt bestehen wollen, müssen dafür die Rahmenbedingungen schaffen und auch Entwicklung und soziale Verantwortung realisieren.
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