“Bauen Sie einen Papier­flieger!”

Zeigt eine Frau beim Vorstellungsgespräch von hinten. Ein Mann und eine Frau sind ihr zugewandt.

Ein Klient erzählte mir einmal, dass er in einem Vorstellungsgespräch als Projektmanager abseits aller sonstigen Fragen aufgefordert wurde, einen Papierflieger zu bauen. Dazu erhielt er eine Anleitung, wie der Flieger zu bauen sei. “Was sollte denn das?” fragte er mich, wobei er noch anfügte, dass er sich nicht vorstellen könne, was man denn dabei über seine Person erfahren könne!

Die Antwort darauf ist, dass man bei einer solchen Übung jede Menge über eine Person erfahren kann! Während der Bewerber meist darauf konzentriert sein wird, einen besonders perfekten, flugfähigen Papierflieger zu bauen, geht es in Wahrheit um ganz andere Kriterien! Personalisten wissen, dass viele Bewerber auf Standardfragen gut vorbereitet sind. Deshalb haben seltsame Bewerbungsfragen im Vorstellungsgespräch das Ziel, eine spontane Reaktion des Bewerbers zu erleben.

Was man beim Bau eines Papierfliegers erkennt!

Der Personalist erkennt mit seltsamen Bewerbungsfragen

  • wie Sie mit einer unerwarteten Situation umgehen,
  • wie Sie prinzipiell an eine Sache herangehen,
  • ob Sie eine Anleitung wirklich aufmerksam lesen und tatsächlich auch verstehen,
  • ob Sie über analytische Fähigkeiten verfügen,
  • wie lange Sie brauchen, um mit einer Sache anzufangen, und zu guter letzt
  • wie Sie reagieren, wenn es gelingt (oder auch nicht)

Je nach Situation – zum Beispiel in einem Assessment Center – könnte auch beobachtet werden, ob Sie sich mit anderen beratschlagen. (In einem solchen Fall wird es aber höchstwahrscheinlich nicht um den Papierflieger gehen.)

Nach meiner Erklärung antwortete mein Kunde übrigens total erstaunt: “Stimmt, in dem vermeintlich leeren Zimmer, in das man mich geschickt hatte, saß völlig teilnahmslos ein Mann, bei dem ich nicht wusste, wer er war.” und “Tatsächlich, da waren welche dabei, die sich ärgerten, weil deren Flieger nicht fliegen konnte!”

In einem professionellen Bewerbungsgespräch passiert nichts zufällig!

Seien Sie sich bewusst, dass Sie, ab dem Moment, wo Sie eine Firma zum Vorstellungsgespräch betreten, unter Beobachtung stehen! Lassen Sie sich nicht zu einem amikalen Ton hinreißen, der für ein Bewerbungsgespräch unpassend ist und lassen Sie sich nicht durch einfallsreiche Manöver vom Thema, nämlich der Bewerbung ablenken!

Überraschungseffekt bei seltsamen Bewerbungsfragen

Ähnlich wie die obige Aufforderung zielen auch andere Fangfragen darauf ab, Sie aus der Fassung zu bringen.

Personalisten wissen, dass viele Bewerber gut auf das Gespräch vorbereitet sind. Dabei ist selten zu erkennen, wie der Bewerber sich im Alltag verhält. Mit überraschenden Fangfragen gelingt es daher eher, Sie “nackt” zu erleben. Ob es Fangfragen sind, deren Ziel im ersten Moment gar nicht erkennbar sind , wie z.B. “Erzählen Sie uns einen Witz” oder solche die durchaus durchschaubar sind wie z.B. “Wenn Sie ein Tier wären, welches wären Sie gerne?” Seien Sie auf solche Fragen gefasst.

Antworten Sie überlegt!

Die meisten seltsamen Bewerbungsfragen, die Ihnen eventuell auch unpassend oder sogar dumm vorkommen, dienen dazu, Ihre Schlagfertigkeit zu testen. Man will wissen, wie schnell und in welcher Form Sie reagieren.

Wenn Sie den Eindruck haben, dass es passt und Sie tatsächlich einen wirklich guten Witz kennen, erzählen Sie ihn. Ansonsten rate ich eher, dass Sie betonen, dass Sie kein guter Witzeerzähler sind und das auch nicht gerne machen.

Bei der Frage, welches Tier Sie gerne wären, überlegen Sie, welches Tier die Eigenschaften präsentiert, die für den Job relevant sind. Wenn Sie sich zum Beispiel für eine Führungsposition bewerben, seien Sie sich bewusst, dass es ein Anführertier (z.B. Leitwolf, Löwe, Silberrücken) sein muss.

Fragen wie „Wie wiegen Sie einen Elefanten ohne Waage“ zielen auf Ihre Analysefähigkeit und Ihre Kreativität ab. Zum Beispiel könnten Sie antworten, dass Elefanten je nach Herkunft und Alter unterschiedlich wiegen und Sie ohne Wage schätzen müssten. Gelingt es dem Elefanten ein Auto zu zerdrücken, dann wiegt der Elefant jedenfalls mehr als ca. 1,4 Tonnen. Ist das Auto platt, dann wiegt er sogar wesentlich mehr.“

Mit der letzten Anmerkung wird es Ihnen sogar gelingen, die Anwesenden zum Lachen zu bringen. Und das macht Sie sympathisch.

Fazit

Bei überraschenden, seltsamen oder – aus Ihrer Sicht – gar dummen Fragen oder Übungen im Vorstellungsgespräch wäre eine schlechte Reaktion, gar nicht zu antworten oder sich aus dem Konzept bringen zu lassen.

Denken Sie kurz nach, ob die Frage etwas mit Ihrem Fachgebiet zu tun haben könnte oder ob Sie dazu dient, Sie aus der Fassung zu bringen.

Seien Sie sich jedenfalls sicher: alle Fragen, die man Ihnen stellt, haben in gewisser Weise mit dem angestrebten Job zu tun!

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